Er war der vielleicht schönste Volkswagen der Neuzeit. Eine Skulptur auf Rädern, die das Erbe des eleganten Passat CC und den Anspruch des luxuriösen Phaeton in sich vereinte. Doch Anfang 2025 lief der letzte VW Arteon Shooting Brake vom Band. Ein leiser Abschied für einen außergewöhnlichen Charakterdarsteller. Ein Nachruf.
In einer Zeit, in der das Design von Volkswagen oft von Pragmatismus und Gleichteilestrategie geprägt ist, war der Arteon ein Statement. Er war der Beweis, dass Volkswagen auch anders kann: emotional, elegant und begehrenswert. Er war der Hüter einer anspruchsvollen Design-Philosophie, ein Gran Turismo für den Connaisseur, der mehr wollte als nur einen Passat.
Doch in der neuen Welt von “Accelerate”-Strategie, Fokus auf Kernmodelle und der Allmacht der SUVs war für den extravaganten Individualisten kein Platz mehr. Die Produktion wurde ohne direkten Nachfolger eingestellt. Sein geistiges Erbe tritt nun der rein elektrische ID.7 an. Es ist an der Zeit, dem letzten großen “Beau” aus Wolfsburg die Ehre zu erweisen.
Das Wichtigste in Kürze
Merkmal | Daten (Letzte Modelljahre) |
Modell | VW Arteon (Limousine & Shooting Brake) |
Charakter | Hüter des eleganten Designs, der “Phaeton für das Volk” |
Produktionsstatus | Produktion Anfang 2025 endgültig eingestellt |
Karosserie-Highlight | Shooting Brake mit 565 Litern Kofferraum |
Top-Modell | Arteon R mit 320 PS und 4,9s von 0-100 km/h |
Sicherheit | 5 Sterne Euro NCAP (96% Insassenschutz) |
Letzter Neupreis | ab ca. 50.000 € |
Das Erbe: Design als Versprechen
Das wichtigste Erbe des Arteon ist seine zeitlose Schönheit. Die lange, muskulöse Motorhaube, die rahmenlosen Seitenscheiben und das fließende Heck verliehen ihm eine Präsenz, die in seiner Klasse unerreicht war. Er sah aus wie ein Auto aus einer höheren Liga – und genau das war er im Geiste auch.
Besonders der Arteon Shooting Brake war ein Meisterstück. Er verband die emotionale Linienführung eines Coupés mit der Praktikabilität eines großen Kombis. Mit 565 Litern (bis zu 1.632 Liter) Kofferraumvolumen war er nicht nur schön, sondern auch ein exzellenter Reisewagen. Er war der perfekte Gran Turismo: Stil und Substanz in perfekter Harmonie.
Antrieb: Von sparsam bis brachial
Der Arteon bot eine breite Palette an Antrieben, die seinen Doppelcharakter unterstrichen.
- TSI & TDI: Die bewährten Vierzylinder-Motoren aus dem VW-Regal boten souveräne und effiziente Leistung für den Alltag.
- eHybrid: Der Plug-in-Hybrid mit 218 PS Systemleistung ermöglichte eine elektrische Reichweite von rund 59 Kilometern – genug für das tägliche Pendeln.
- Arteon R: Die Krönung war der “R”. Mit 320 PS, Allradantrieb und einem intelligenten Torque-Vectoring-System beschleunigte er in nur 4,9 Sekunden auf 100 km/h. Er war der Athlet im Maßanzug, der beweisen konnte, dass unter der eleganten Hülle ein echtes Performance-Herz schlug.
Sicherheit und Zuverlässigkeit: Eine sichere Bank
Als Hüter des Premium-Anspruchs machte der Arteon bei der Sicherheit keine Kompromisse. Er erhielt im Euro NCAP Crashtest die Höchstwertung von fünf Sternen und erzielte mit 96% beim Schutz erwachsener Insassen ein phänomenales Ergebnis. Auch in Dauertests, wie dem der Autozeitung über 100.000 km, bewies er seine gute Zuverlässigkeit und untermauerte seinen Status als hochwertiges Langstreckenfahrzeug.
Warum musste der Schönling gehen?
Der Abschied des Arteon ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Als Nischenmodell waren seine Verkaufszahlen im Vergleich zum Passat oder Tiguan gering. In der neuen, auf maximale Effizienz und Skalierung ausgerichteten Elektro-Strategie von VW war für einen solch emotionalen, aber stückzahlschwachen Verbrenner kein Platz mehr. Sein geistiger Nachfolger, der VW ID.7, übernimmt nun die Rolle der großen Reiselimousine – allerdings rein elektrisch.
Ein Tipp für Individualisten
Auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist der Arteon ein Geheimtipp. Man erhält ein atemberaubend schönes, sicheres und zuverlässiges Auto, dessen Design noch viele Jahre modern wirken wird, oft zu einem sehr attraktiven Preis. Besonders der Shooting Brake ist eine seltene Kombination aus Stil und Nutzwert.
Fazit: Ein Verlust für die Marke
Der VW Arteon war mehr als nur ein Auto. Er war ein Versprechen, dass Volkswagen auch anders kann. Dass Design und Emotion einen Platz neben Effizienz und Pragmatismus haben. Sein leiser Abschied macht die VW-Modellpalette zweifellos vernünftiger, aber auch ein ganzes Stück langweiliger. Er war der letzte Hüter des anspruchsvollen Designs in der VW-Oberklasse.
Vor- und Nachteile
Vorteile (Pros) | Nachteile (Cons) |
✅ Atemberaubendes und zeitloses Design | ❌ Produktion eingestellt, nur noch auf dem Gebrauchtwagenmarkt |
✅ Praktischer und stilvoller Shooting Brake mit großem Kofferraum | ❌ Hoher Wertverlust als Neuwagen |
✅ Sehr hohes Sicherheitsniveau (5 Sterne, 96%) | ❌ Infotainment-System nicht mehr auf dem neuesten Stand |
✅ Hoher Reisekomfort und gute Zuverlässigkeit | ❌ Plug-in-Hybrid mit begrenzter elektrischer Reichweite |
✅ Leistungsstarke “R”-Version mit 320 PS |
Urteil des Redakteurs
Es ist schade, dass für Autos wie den VW Arteon kein Platz mehr ist. Er war ein Lichtblick in einer von SUVs und pragmatischen Kastenformen dominierten Welt. Er war der Beweis, dass ein Volkswagen sexy sein kann. Er hat das Erbe des Phaeton – den Anspruch, etwas Besonderes zu sein – in eine zugänglichere Form gebracht. Wer heute einen gut gepflegten Arteon fährt, fährt nicht nur ein Auto, sondern ein Stück Designgeschichte von Volkswagen. Er wird fehlen.