Er war einer der letzten seiner Art: eine elegante, fahrerorientierte Mittelklasse-Limousine, die sich dem SUV-Trend widersetzte. Doch Anfang 2024 lief der letzte klassische Mazda 6 in Japan vom Band. Eine Ära geht zu Ende. Doch der Name bleibt. Er wird von einem Erben weitergetragen, der alles anders macht: dem rein elektrischen Mazda6e. Ein Nachruf und ein Ausblick.
Über ein Jahrzehnt lang war der Mazda 6 der dritten Generation der Beweis, dass ein Alltagsauto nicht alltäglich aussehen muss. Mit seinem preisgekrönten “Kodo”-Design und der “Jinba Ittai”-Philosophie der Einheit von Fahrer und Fahrzeug war er der Hüter des anspruchsvollen, analogen Fahrerlebnisses. Er war die emotionale Alternative zum pragmatischen VW Passat oder Skoda Superb.
Doch der Markt hat sich verändert. Die Ära der klassischen Limousinen und Kombis neigt sich dem Ende zu. Und so verabschiedet sich Mazda von seinem Flaggschiff in der bekannten Form. Aber anstatt den Namen in die Geschichtsbücher zu verbannen, wagt Mazda eine Revolution: Der Erbe des Mazda 6 wird ein vollelektrischer, heckgetriebener Fünftürer sein, der im Sommer 2025 auf den Markt kommt. Kann dieser radikale Neuanfang das große Erbe ehren?
Das Wichtigste in Kürze: Wandel der Generationen
Merkmal | Mazda 6 (Gen 3, bis 2024) | Mazda6e (ab Sommer 2025) |
Charakter | Der elegante Hüter des Fahrerlebnisses | Der innovative elektrische Erbe |
Karosserie | Limousine, Kombi (Sport-Combi) | 5-türige Fließheck-Limousine |
Antrieb | Frontantrieb, Skyactiv-Benzin/Diesel | Heckantrieb, rein elektrisch |
Leistung | bis 143 kW (194 PS) | bis zu 190 kW (258 PS) |
Highlight | Zeitloses Design, agiles Handling | Modernes E-Antriebskonzept, Design |
Reichweite (WLTP) | – | ca. 480 – 600 km (erwartet) |
Preis (zuletzt/erwartet) | ab ca. 35.000 € | ab ca. 45.000 € |
Das Erbe: Der letzte Gentleman-Kombi
Der scheidende Mazda 6 war mehr als nur ein Auto; er war eine Haltung. Sein Erbe basiert auf drei Säulen:
- Design: Das “Kodo”-Design verlieh ihm eine skulpturale Eleganz, die in der Mittelklasse unerreicht war. Er sah teurer aus, als er war.
- Fahrgefühl: Er war kein Rennwagen, aber seine präzise Lenkung, das ausgewogene Fahrwerk und die hochdrehenden Saugmotoren schufen ein harmonisches und involvierendes Fahrerlebnis.
- Qualität: Der Innenraum überzeugte mit hochwertigen Materialien und einer fast schon an Premium-Marken erinnernden Verarbeitungsqualität.
Er war der Hüter einer aussterbenden Kunst – der Kunst, ein schönes und fahraktives Alltagsauto zu bauen.
Der Erbe: Der elektrische Neuanfang als Mazda6e
Der ab Sommer 2025 verfügbare Mazda6e ist das Resultat eines Joint Ventures mit dem chinesischen Partner Changan und bricht mit allen Traditionen – außer einer: dem Anspruch an herausragendes Design.
Design & Plattform
Der Mazda6e ist eine fast fünf Meter lange, fünftürige Fließheck-Limousine mit rahmenlosen Türen und einem extrem dynamischen Profil. Er basiert auf einer modernen Elektro-Plattform mit Heckantrieb und einer nahezu perfekten 50:50-Gewichtsverteilung – eine Konfiguration, die das “Jinba Ittai”-Versprechen in die neue Ära transportieren soll.
Antrieb & Reichweite
Es wird voraussichtlich zwei Batteriegrößen geben. Die größere Variante soll eine Reichweite von über 600 Kilometern nach WLTP ermöglichen. Die Kraft des Elektromotors wird an die Hinterräder geleitet, was ein agiles und dynamisches Fahrverhalten verspricht.
Innenraum & Technologie
Das Cockpit wird von einem großen 14,6-Zoll-Touchscreen und einem Augmented-Reality-Head-up-Display dominiert. Hochwertige Materialien sollen den Premium-Anspruch unterstreichen. Hier vollzieht der Erbe den Sprung in die volldigitale Welt.
Konkurrenten: Ein völlig neues Spiel
Der klassische Mazda 6 kämpfte gegen VW Passat und Skoda Superb. Der neue Mazda6e tritt in einer völlig anderen Arena an:
- Tesla Model 3: Der amerikanische Bestseller ist der direkte Maßstab in Sachen Effizienz, Ladenetzwerk und minimalistischer Bedienung.
- VW ID.7 / Hyundai Ioniq 6: Die etablierten Elektro-Limousinen. Hier muss der Mazda6e mit Reichweite, Ladeleistung und Design punkten.
- BMW i4: Der Premium-Konkurrent aus München, der ebenfalls auf Heckantrieb und Fahrdynamik setzt.
Fazit: Kann der Erbe das Vermächtnis ehren?
Es ist ein Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Das weinende Auge trauert um einen der schönsten und fahraktivsten Kombis der letzten Dekade. Der klassische Mazda 6 wird eine Lücke hinterlassen.
Das lachende Auge blickt gespannt auf den Mazda6e. Er ist kein direkter Nachfolger, sondern eine Neuinterpretation. Er tauscht den Klang eines Saugmotors gegen die Stille des Stroms und Frontantrieb gegen Heckantrieb. Doch wenn es ihm gelingt, das Erbe des atemberaubenden Designs und des fokussierten Fahrgefühls in die elektrische Welt zu übertragen, dann ist er ein würdiger Träger des großen Namens.
Vor- und Nachteile: Alt gegen Neu
Vorteile (Mazda 6 Gen. 3) | Nachteile (Mazda 6 Gen. 3) |
✅ Atemberaubendes, zeitloses Design | ❌ Produktion eingestellt |
✅ Agiles, analoges Fahrgefühl | ❌ Veraltetes Infotainment-System |
✅ Als praktischer Kombi verfügbar | ❌ Keine elektrifizierten Antriebe |
✅ Hohe Zuverlässigkeit | ❌ Höherer Verbrauch als moderne Hybride |
Vorteile (Mazda6e) | Nachteile (Mazda6e) |
✅ Modernes, vollelektrisches Antriebskonzept | ❌ Kein Kombi mehr verfügbar |
✅ Potenziell hohe Reichweite und gute Performance | ❌ Höherer Einstiegspreis |
✅ Dynamischer Heckantrieb | ❌ Abhängigkeit von Ladeinfrastruktur |
✅ Futuristisches Design und Interieur | ❌ Bewährte Zuverlässigkeit muss erst bewiesen werden |
Urteil des Redakteurs
Der Abschied vom Mazda 6, wie wir ihn kannten, ist schmerzhaft, aber notwendig. Er war ein Meisterwerk des Designs, aber technologisch am Ende seines Lebenszyklus. Der neue Mazda6e ist ein mutiger und richtiger Schritt. Er ist der Versuch, die Seele von Mazda – die Leidenschaft für Design und das Fahren – vor dem Erlöschen zu bewahren und sie in eine neue Zeit zu tragen. Wenn dieser Spagat gelingt, dann ist die Zukunft des Namens “6” gesichert.