Während der Lincoln Nautilus mit seinem riesigen Display für Schlagzeilen sorgt, fliegt sein kleinerer Bruder, der Corsair, oft unter dem Radar. Völlig zu Unrecht, denn der Corsair ist Lincolns Antwort auf das wohl umkämpfteste Premium-Segment der Welt, das von BMW X3, Mercedes GLC und Audi Q5 dominiert wird. Da Lincoln in Deutschland nicht offiziell vertreten ist, bleibt der Corsair ein seltener Anblick. Doch genau das macht ihn für Individualisten interessant. Wir analysieren, ob der amerikanische Kompakt-SUV das Zeug hat, eine echte Alternative zu sein, und was der Traum vom Import wirklich kostet.
Design und Ambiente: Amerikanischer Luxus im Kompaktformat
Der Corsair folgt der Design-Philosophie seiner größeren Brüder und setzt auf eine ruhige, fließende Formensprache, die einen angenehmen Kontrapunkt zur oft aggressiven Optik der deutschen Konkurrenz bildet.
Exterieur: Elegantes Understatement statt aggressiver Kanten
Die Front wird vom charakteristischen Lincoln-Kühlergrill geprägt, flankiert von schmalen LED-Scheinwerfern. Die Seitenlinie ist klar und ohne überflüssige Sicken, was dem SUV eine gestreckte, elegante Anmutung verleiht. Der Corsair will nicht provozieren, sondern mit souveräner Eleganz überzeugen. Er ist optisch eher ein luxuriöser Crossover als ein martialisches SUV.
Interieur: Ein Kokon aus Leder und Technik
Der Innenraum ist die größte Stärke des Corsair. Hochwertige Materialien, eine exzellente Geräuschdämmung und ein aufgeräumtes Layout schaffen eine Atmosphäre der Ruhe und des Luxus. Das Cockpit wird von einem großen 13,2-Zoll-Touchscreen mit dem modernen SYNC 4-System und einem digitalen 12,3-Zoll-Instrumentencluster dominiert. Die optionalen “Perfect Position”-Sitze mit 24-facher Verstellmöglichkeit und Massagefunktion gehören zum Besten, was das Segment zu bieten hat.
Die Antriebe: Effizienter Turbo oder sparsamer Plug-in-Hybrid?
Lincoln bietet für den Corsair zwei Antriebsvarianten an, die auf Komfort und Effizienz ausgelegt sind.
Die Basis: Der 2.0-Liter-Turbobenziner
Der Standardmotor ist ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 250 PS. Er sorgt für souveräne, aber nicht übermäßig sportliche Fahrleistungen und ist wahlweise mit Front- oder Allradantrieb erhältlich. Seine Stärke liegt im leisen Lauf und der harmonischen Kraftentfaltung.
Die Zukunft: Der Grand Touring Plug-in-Hybrid
Besonders interessant für den europäischen Markt wäre die Grand Touring-Version. Hier wird ein 2,5-Liter-Vierzylinder-Saugmotor mit einem Elektromotor kombiniert, was zu einer Systemleistung von 266 PS führt. Dank einer 14,4-kWh-Batterie soll eine rein elektrische Reichweite von über 40 Kilometern möglich sein, was ihn für den täglichen Pendelverkehr prädestiniert.
Fahrgefühl und Komfort: Die “Quiet Flight”-Philosophie
Der Name ist Programm: Lincoln nennt seine Markenphilosophie “Quiet Flight” (ruhiger Flug), und der Corsair setzt dies konsequent um.
Wie komfortabel ist der Corsair wirklich?
Das adaptive Fahrwerk ist klar auf Komfort ausgelegt. Es filtert Unebenheiten gekonnt heraus und sorgt für ein sanftes, fast schwebendes Fahrgefühl. In Kombination mit der hervorragenden Geräuschisolierung wird der Corsair zu einer Oase der Ruhe im hektischen Verkehrsalltag.
Ein Gleiter, kein Sportler: Abgrenzung zur deutschen Konkurrenz
Wer die messerscharfe Präzision und das sportliche Handling eines BMW X3 oder Porsche Macan sucht, ist beim Corsair an der falschen Adresse. Die Lenkung ist leichtgängig und indirekt, das Fahrwerk neigt bei schneller Kurvenfahrt zu spürbaren Wankbewegungen. Der Corsair ist kein Sportler, sondern ein luxuriöser Gleiter – und das macht er exzellent.
Der steinige Weg nach Deutschland: Kosten und Hürden des Imports
Der Traum vom exklusiven US-SUV hat seinen Preis, und der ist hoch.
Was kostet der Lincoln Corsair in den USA?
In den USA startet der Corsair bei etwa $40.000 für das Basismodell. Die voll ausgestattete Grand Touring Plug-in-Hybrid-Version kann schnell die $60.000-Marke überschreiten.
Die Import-Rechnung: Was am Ende auf dem Preisschild steht
Für einen deutschen Käufer kommen auf den Netto-Kaufpreis erhebliche Kosten hinzu:
- Transportkosten: ca. 2.000 – 4.000 €
- Einfuhrzoll: 10 %
- Einfuhrumsatzsteuer: 19 %
- Technische Umrüstung und TÜV-Vollabnahme: ca. 2.000 – 4.000 €
Ein Corsair, der in den USA $60.000 (ca. 55.000 €) kostet, wird in Deutschland nach allen Abgaben und Gebühren bei rund 80.000 € oder mehr landen. Damit rückt er preislich in die Nähe von deutlich stärker motorisierten deutschen Top-Modellen.
Fazit: Ein charmanter Exot mit hohen Hürden
Der Lincoln Corsair ist ein überzeugendes Produkt. Er bietet ein Maß an Komfort und Luxus, das sich vor der deutschen Konkurrenz nicht verstecken muss, und setzt dabei eigene, sympathische Akzente.
Vor- und Nachteile
Vorteile (Pros) | Nachteile (Cons) |
✅ Herausragender Fahrkomfort und sehr leiser Innenraum | ❌ Kein offizieller Vertrieb und Service in Deutschland |
✅ Sehr luxuriöses und hochwertig anmutendes Interieur | ❌ Import ist extrem teuer und kompliziert |
✅ Elegantes, unaufdringliches Design | ❌ Fahrdynamik nicht auf dem Niveau der deutschen Konkurrenz |
✅ Interessante Plug-in-Hybrid-Option (Grand Touring) | ❌ Unsichere Ersatzteilversorgung und hoher Wertverlust |
✅ Hohe Exklusivität und Seltenheit auf europäischen Straßen | ❌ Keine leistungsstarken Sechszylinder-Optionen verfügbar |
Urteil des Redakteurs
Als Produkt ist der Lincoln Corsair eine charmante und valide Alternative zu den üblichen Verdächtigen. Er ist das perfekte Auto für Fahrer, die Entspannung über Sportlichkeit stellen. Für den deutschen Markt ist er jedoch aufgrund der enormen Importkosten und des fehlenden Service-Netzwerks eine rein emotionale und wirtschaftlich unvernünftige Entscheidung. Man zahlt den Preis eines BMW X3 M40i und erhält die Leistung eines X3 20i. Wer diesen Preis für maximale Exklusivität und amerikanischen Komfort zahlen will, bekommt einen exzellenten Gleiter. Für alle anderen bleibt der Corsair ein interessanter, aber unerreichbarer Traum aus einer anderen Welt.