Die automobile Welt liebt Gerüchte und Mythen. Besonders, wenn es um Marken wie BMW geht. Seit Jahren geistert ein Phantom durch die Foren und Hochglanz-Magazine der Enthusiasten: der BMW M9. Ein Supersportwagen, der über dem M8 thronen soll, ein Erbe des legendären M1, eine definitive Kampfansage an Ferrari und Lamborghini. Doch was ist dran am Traum vom ultimativen bayerischen Über-Auto? Wir bei www.h-h-auto.de haben die Fakten von der Fiktion getrennt.
Das Ergebnis ist ernüchternd und faszinierend zugleich: Den BMW M9 gibt es nicht. Und es gab ihn nie in der offiziellen Planung von BMW. Es ist eine Kreation der Fantasie, befeuert durch das Talent unabhängiger Designer und die Hoffnungen der weltweiten Fangemeinde. Anstatt jedoch einen Mythos weiterzuerzählen, wollen wir ihn aufklären und zeigen, welche realen Modelle heute die technologische Speerspitze der M GmbH bilden.
Das Wichtigste in Kürze
Merkmal | Status |
Modell | BMW M9 |
Status | Inoffizielles Konzept / Gerücht |
Ursprung | Unabhängige Design-Renderings (ca. 2013-2016) |
Offizielle Bestätigung | Nein, zu keinem Zeitpunkt erfolgt |
Reale Alternativen | BMW M8 Competition Coupé, BMW XM Label |
Woher stammt der Mythos?
Die Legende des M9 ist ein Kind des Internets. Um das Jahr 2013 tauchten erste, beeindruckend professionelle Renderings auf, die zeigten, wie ein BMW-Supersportwagen aussehen könnte. Besonders die Entwürfe des Designers Răzvan Radion (Radion Design) verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Sie zeigten einen extrem flachen, breiten Keil mit aggressiv interpretierten BMW-Designmerkmalen. Diese Bilder waren so überzeugend, dass viele sie für geleakte Konzeptstudien hielten. Publikationen griffen das Thema auf, spekulierten über einen V12-Motor oder eine Hybrid-Technologie und schufen so eine Legende, die sich bis heute hält. Doch laut offiziellen Stellungnahmen und wie unsere Recherche in den Archiven von BMW bestätigt, gab es nie ein Entwicklungsprojekt mit dem Namen “M9”.
Design-Analyse: Eine Vision ohne Realität
Die populären M9-Renderings zeigen eine faszinierende Mischung aus BMW-Tradition und Supersportwagen-Tropen. Die lange Motorhaube, der kurze Überhang vorn und die scharf gezeichneten “Nieren” sind klare Zitate der Markengeschichte. Die extrem flache Silhouette, das weit hinten sitzende Cockpit und die massiven Lufteinlässe sind hingegen klassische Elemente von Mittelmotor-Sportwagen – eine Bauweise, die BMW seit dem M1 nicht mehr in Serie umgesetzt hat.
Das Design ist zweifellos dramatisch, aber es entbehrt jeder praktischen Grundlage eines Serienfahrzeugs. Es berücksichtigt weder aktuelle Crash-Vorschriften noch die komplexe Kühlung, die ein moderner Hochleistungsmotor benötigen würde. Es ist, was es ist: eine freie künstlerische Interpretation, ein Traum auf digitalem Papier.
Warum ein M9 (bisher) nie gebaut wurde
Die Gründe, warum aus dem M9-Traum nie ein Münchner Albtraum für die Konkurrenz wurde, sind rein strategischer Natur.
- Marktpositionierung: Mit dem M8 Competition Coupé hat BMW bereits ein extrem potentes und luxuriöses High-Performance-Coupé im Portfolio. Ein noch teurerer, noch spitzer positionierter M9 würde dem M8 direkt Marktanteile rauben (Kannibalisierungseffekt) und nur eine winzige, hochkompetitive Nische bedienen.
- Konzernstrategie: Die Investitionen in Milliardenhöhe fließen bei BMW seit Jahren in zwei Schlüsselbereiche: die Elektromobilität (die “i”-Modelle wie i4, i5, i7 und der kommende “Neue Klasse”) und das boomende Segment der High-Performance-SUVs. Ein Prestigeprojekt wie ein Supersportwagen mit Verbrennungsmotor passt kaum noch in diese zukunftsorientierte Strategie.
- Risiko und Kosten: Die Entwicklung eines Supersportwagens von Grund auf ist extrem teuer und riskant. Die Stückzahlen sind gering, die Entwicklungskosten pro Fahrzeug explodieren. BMW hat mit dem M1 die Erfahrung gemacht, dass solche Projekte selbst bei kritischem Erfolg ein finanzielles Wagnis darstellen.
Die wahren Speerspitzen von BMW M
Wer heute nach der maximalen Performance von BMW sucht, wird nicht beim Phantom M9 fündig, sondern bei zwei sehr realen und beeindruckenden Maschinen. Sie repräsentieren die zwei Seelen der modernen M GmbH.
BMW M8 Competition Coupé
Das ist der klassische Erbe des schnellen Gran Turismo. Eine Kombination aus brutaler Kraft und Langstrecken-Luxus. Laut der offiziellen Preisliste von BMW Deutschland (Stand: Juli 2025) ist er das Flaggschiff der Coupé-Reihe.
- Motor: 4,4-Liter-M-TwinPower-Turbo-V8
- Leistung: 460 kW (625 PS)
- Drehmoment: 750 Nm
- 0-100 km/h: 3,2 Sekunden
- Preis: ab ca. 185.400 €
Der M8 Competition ist die logische und reale Spitze des BMW-Portfolios im Coupé-Segment. Er bietet Supersportwagen-Fahrleistungen in einem (relativ) alltagstauglichen Paket.
BMW XM Label
Wenn es um die reine Leistung geht, hat ein anderes Modell die Krone inne. Der BMW XM Label ist das erste eigenständige M-Modell seit dem M1 und zugleich das stärkste Serienfahrzeug, das BMW je gebaut hat.
- Antrieb: M HYBRID System (4,4-Liter-V8 + Elektromotor)
- Systemleistung: 550 kW (748 PS)
- Systemdrehmoment: 1.000 Nm
- 0-100 km/h: 3,8 Sekunden
- Preis: ab ca. 203.000 €
Der XM Label ist die moderne Antwort von BMW auf die Frage nach ultimativer Performance: ein Plug-in-Hybrid-SUV mit extrovertiertem Design und einer Leistung, die vor wenigen Jahren noch reinen Hypercars vorbehalten war. Einen detaillierteren Test zum aktuellen BMW XM finden Sie ebenfalls hier auf H-H-AUTO.
Fazit: Ein Traum für die Fans, aber kein Plan für München
Der Mythos des BMW M9 ist mehr als nur ein Gerücht – er ist der Ausdruck des Wunsches der Fangemeinde nach einem kompromisslosen Aushängeschild, einem direkten Nachfolger des legendären M1. Er zeigt die emotionale Kraft der Marke BMW.
Doch die Realität in München wird von Strategen und Controllern bestimmt. Und diese Realität heißt Elektrifizierung und profitable SUVs. Ein Nischen-Supersportwagen wie der M9 passt da, so schmerzlich es für Enthusiasten sein mag, einfach nicht ins Konzept. Die wahren “Über-BMWs” unserer Zeit sind der elegante M8 Competition und der brachiale XM. Sie mögen nicht jeden Traum erfüllen, aber sie sind die beeindruckende, reale Leistungsspitze von BMW im Jahr 2025.
Vor- und Nachteile des “M9”-Konzepts
Vorteile (aus Fansicht):
- Schaffung einer ultimativen Marken-Ikone
- Direkter Angriff auf etablierte Supersportwagen-Marken
- Potenzial für radikales, emotionales Design
Nachteile (aus Herstellersicht):
- Astronomische Entwicklungs- und Produktionskosten
- Kaum Profitabilität aufgrund geringer Stückzahlen
- Passt nicht zur aktuellen Elektro-Strategie
- Interne Konkurrenz zum etablierten M8
Urteil des Redakteurs
Anstatt einem Phantom nachzujagen, sollten wir die realen Meisterwerke der M GmbH würdigen. Der M9 bleibt eine faszinierende “Was-wäre-wenn”-Geschichte, die zeigt, wie sehr sich die Fans eine Rückkehr von BMW in den Olymp der reinen Supersportwagen wünschen. Doch die Ingenieure in Garching bei München haben ihre Antwort bereits gegeben – sie heißt M8 und XM. Und diese sind, im Gegensatz zum M9, auf dem Asphalt zu finden und nicht nur auf dem Bildschirm.